Aktuelle Ausgabe 01/2024

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Hohe Erträge entlasten die N-Bilanz

Die Novellierung der Düngeverordnung bringt der Praxis zunächst zusätzlich einen sehr hohen bürokratischen Aufwand, denn die Planung der Stickstoff- und Phosphatdüngung wird für jeden Schlag verbindlich vorgeschrieben. Viele Betriebe müssen zur Verbesserung der N-Bilanz ihre Sortenwahl und ihre Fruchtfolgegestaltung überdenken.

Diese Betriebe werden daher nicht umhin kommen, ihr Anbausystem zu überdenken. Allein die Anpassung der Düngung – bei Stickstoff – im Rahmen des neuen, bundeseinheitlichen und restriktiven Sollwertwertsystems, wird oft nicht reichen. Um zukünftig den Anforderungen gerecht zu werden, muss die Praxis den gesamten Pflanzenbau – u.a. die Fruchtartenwahl, die Fruchtfolgegestaltung, die Bodenbearbeitung, die Sortenwahl sowie die Saatzeit überdenken.


Maßnahmen zur Verbesserung der N-Bilanz; Zum Vergrößern bitte anklicken
Maßnahmen zur Verbesserung der N-Bilanz; Zum Vergrößern bitte anklicken
Ziel: N-Effizienz steigern
Oberstes Ziel muss also sein, die Effizienz der Düngung zu verbessern. Dazu steht ein Strauß verschiedenster Maßnahmen zur Verfügung (s. Abb. 1). Vor allem sind dies die pflanzenbaulichen Aspekte wie die Gestaltung einer weiten Fruchtfolge, die darauf abgestimmte Bodenbearbeitung, der Einsatz von Beregnung auf den entsprechenden Standorten sowie insbesondere der Anbau ertragsstarker Sorten. Daneben muss auch der Düngebedarfsermittlung in Zukunft mehr Bedeutung zugemessen werden: also z. B. vegetationsbegleitende Messungen u. a. von Nmin und dem Nitratgehalt der Pflanzen, die teilflächenspezifische Düngung auf Grundlage von Biomassekarten, die Nutzung von Simulationsmodellen.


Alte vs. neue Sollwerte bei Weizen; zum Vergrößern bitte anklicken
Alte vs. neue Sollwerte bei Weizen; zum Vergrößern bitte anklicken
Schlechtere Standorte für die Qualitätsweizenproduktion überdenken
Die Fortschreibung der Düngeverordnung schreibt eine Düngeplanung für Stickstoff und Phosphor vor. Grundlage hierfür ist ein Sollwert, der beim Weizenanbau zum einen an die Vorfrucht und den Ertrag, zum anderen jedoch auch an die Qualitätsstufe der Sorte gekoppelt ist.

Grundsätzlich schließt der Sollwert den Nmin-Gehalt zu Vegetationsbeginn von 0–90 cm ein. Neu ist, dass die Sollwerte an das Ertragsniveau des Standortes angepasst werden müssen, obwohl nach versuchsgestützten Erfahrungen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen diese Beziehung bislang nicht bekannt war. Unserer Einschätzung nach wird der höhere Nährstoffbedarf des Getreides auf den guten Standorten durch eine höhere Mineralisationsleistung mehr als ausgeglichen.

Nach dem neuen System der Düngeplanung kann bei nachweislich höheren Erträgen je 10 dt/ha ein Zuschlag von 10 kg N/ha erfolgen, bei geringeren Erträgen entsprechend ein Abschlag von 15 kg N/ha je 10 dt/ha. Damit wird die Düngebedarfsermittlung stark an die Bilanz angepasst. Wurden im Vorjahr organische Dünger eingesetzt, muss die Düngung um 10 % von Gesamt-N gekürzt werden. Sehr hohe Humusgehalte über 4,5 % führen zu einem Abschlag von 20 kg N/ha, bei Blattfrüchten als Vorfrucht müssen 10 kg N/ha abgezogen werden.

Einfluss von Qualität und Ertrag auf N-Düngung und N-Bilanz; zum Vregrößern bitte anklicken
Einfluss von Qualität und Ertrag auf N-Düngung und N-Bilanz; zum Vregrößern bitte anklicken
Vergleicht man Düngeplanungen für Blattfrucht- und Stoppelweizen mit unterschiedlicher Ertragserwartung auf Basis des Sollwertes von 230 kg/ha Stickstoff (A- und B-Weizen) wird deutlich, dass der Sollwert auf Standorten mit hoher Ertragserwartung in etwa den alten Vorgaben entspricht (Tab. 1). Bei einem durchschnittlichen Nmin-Gehalt von 50 kg/ha nach Blattvorfrüchten sowie 30 kg/ha nach Weizen kann also eine Düngung von 190–200 kg N/ha ausgebracht werden. Anders auf den Standorten mit geringerer Ertragserwartung: Durch die Sollwertkorrektur wird die Düngung selbst bei geringeren Nmin-Gehalten auf 175–195 kg N/ha begrenzt. Dass hier eine Produktion von Qualitätsweizen möglich ist, wird mehr als fraglich.


Welche Weizenqualität hat die Nase vorn?
Je nach Weizenqualität werden vermutlich folgende Sollwerte gelten: E-Weizen 260 kg/ha N; A- und B-Weizen 230 kg/ha N; Futter- und Keksweizen 210 kg/ha N. Auf den ersten Blick scheint damit der Anbau von Eliteweizensorten aufgrund der höheren Düngermenge an Attraktivität zu gewinnen. Durch den höheren Ertrag der Masseweizen von bis zu 20 dt/ha kann jedoch der Abstand um 20 kg N/ha begrenzt werden (10 dt/ha Mehrertrag -> + 10 kg/ha N). Darüber hinaus muss auch beachtet werden, dass die Einhaltung der N-Bilanzgrenzwerte einen noch größeren Stellenwert bekommen wird. Wie die folgende Berechnung zeigt, haben ertragreiche Sorten B- und C-Sorten klar die Nase vorn.

Die Tabelle 2 zeigt, dass bei einheitlichem Nmin-Gehalt von 40 kg/ha Stickstoff die E-Weizen insgesamt am stärksten gedüngt werden können. Aufgrund des geringeren Ertrages sind die Entzüge jedoch mit den anderen Qualitäten vergleichbar. Bei den ertragreichen Sorten/Qualitäten kommt der höhere N-Entzug über den Ertrag. Bei der Bilanz sind dadurch die ertragreichen B- und C-Weizen dem E-Weizen überlegen. Da besonders die Eiweißbildung durch viele andere Parameter beeinflusst wird, ist das Produktionsrisiko bei E-Weizen deutlich höher als beim Futterweizen bzw. beim Grundmahlweizen. Besonders auf Stand­orten mit geringerer Ertragserwartung wird es daher in Zukunft günstiger sein, B- oder C-Weizen anzubauen, um die geforderten max. Bilanzsalden von 60 kg N/ha einzuhalten.


Fruchtfolge optimieren
Der Fokus der Verbesserung der N-Effizienz wird in den nächsten Jahren auf der Optimierung der Fruchtfolgen liegen. Die aktuelle Preissituation spricht im Moment zudem für mehr Blattfrüchte wie die lukrativen Kulturen Kartoffeln, Zuckerrüben, Raps und Mais. Diese sind besonders wirtschaftliche Alternativen zur Auflockerung der vielfach getreidereichen Fruchtfolgen, idealerweise im Wechsel von Halm- und Blattfrucht.

Beispiele für optimale Fruchtfolgen sind:

  • ZR – WW – Raps – WW
  • ZR – WW – Mais – WW
  • ZR – Mais – WW – Raps – WW
  • Raps – WW – Mais – WW

Anbauversuch Poppenburg
Anbauversuch Poppenburg
In einem Dauerversuch auf der Station Poppenburg wird seit 1998 ein Anbausystemvergleich mit 3 Systemen durchgeführt (Tab. 3). In allen Systemen kann hier eine recht ausgeglichene Bilanz erzielt werden. Grundlage ist dabei der durchweg hohe Ertrag und eine an der Sollwertempfehlung ausgerichtete moderate Düngung. Im System 1 fällt die schlechtere Bilanz des Stoppelweizens auf, die im Vergleich zum Rapsweizen in System 3 um fast 60 kg N/ha höher liegt. Der Unterschied resultiert sowohl aus dem höheren Ertrag des Rapsweizens mit der sehr ertragreichen Sorte Tobak als auch aus der geringeren Düngung. Hinzu kommt, dass aufgrund des Pflugeinsatzes eine Herbstdüngung im Stoppelweizen unterblieb. Hätte – z. B. bei Mulchsaat – eine Herbstdüngung erfolgen müssen, wäre die Bilanz noch schlechter ausgefallen.

Im Vergleich der Systeme 1 und 2 schneidet die Gerste etwas besser ab als der Stoppelweizen. Dass der Vorteil der aufgelockerten Fruchtfolge im Mittel etwas schrumpft, liegt vor allem am Raps. Trotz eines recht hohen Ertrages beträgt der Bilanzwert beim Raps 60 kg N/ha, der im Versuch im Herbst zusätzlich mit 40 kg N/ha mineralisch gedüngt wurde. Bei einer organischen Düngung hätte sich der Bilanzüberschuss um weitere 35 kg N/ha verschlechtert.


Ertragreiche Sorten bevorzugen
Besonders auf den Gunststandorten wird eine hohe N-Effizienz und Wirtschaftlichkeit im Weizenanbau über Hochertragssorten erreicht. Langjährig geprüft ist im Moment Tobak (B) der ertragsstärkste Weizen. Im letzten Jahr hat Benchmark (B) gezeigt, dass auch diese Sorte ein so hohes Ertragsniveau erreichen kann und auch Alexander (B) konnte auf einigen Standorten überzeugen. Mit der Ertragsnote 9 bleiben dann vor allem Futterweizen wie Elixer und Landsknecht, die über die letzten Jahre ihr sehr hohes Ertragspotenzial bewiesen haben. Aus dem Jahrgang 2015 versprechen u. a. Bonanza (B; Ertrag 9) und Faustus (B; Ertrag 8) eine deutliche Bereicherung der ertragsbetonten Sorten im Grundmahlweizenbereich. Erste Versuche belegen ihre Ertragsfähigkeit gepaart mit guter Gesundheit. Darüber hinaus haben im letzten Jahr die B-Weizen Bergamo, Johnny und Smaragd solide Erträge gebracht. Im Futterweizensegment zusätzlich Lear und Anapolis, der aufgrund seiner Fusariumtoleranz (Note 3) vor allem nach Mais interessant ist. In diesem Jahr sind mit LG Alpha (Hybridweizen) und Sheriff zwei weitere Futterweizen mit der Ertragsnote 9 hinzu. Gleiches gilt für die B-Weizen Porthus und Bosporus, die jeweils mit der Note 8 eingetragen wurden.

Neben der teilweise überragenden Ertragsleistung sollten aber auch die Schwächen dieser Sorten bei der Sortenwahl berücksichtigt werden. Hier ist je nach betrieblichen Gegebenheiten besonders auf Winterhärte, Blatt- und Ährengesundheit und Standfestigkeit zu achten.

Erwartungsgemäß fallen die A-Weizen in der Ertragsbewertung ab. Der Senkrechtstarter der beiden letzten Jahre ist RGT Reform. Seine Ertragseinstufung durch das BSA mit der Note 8 konnte er in den LSV mit rel. 100 bestätigen. Darüber hinaus besticht die Sorte mit mittlerer Gesundheit und guter Standfestigkeit. Ähnlich gute Erträge erzielte die neue A-Sorte Nordkap, die sich durch frühere Reife und eine gute Eiweißbildung auszeichnet.


N-Effizienz auch im Raps verbessern
Die hohen Bilanzüberschüsse werden den Anbau von Winterraps nach Inkrafttreten der neuen Düngeverordnung stärker belasten, denn die starke N-Mineralisation nach der Ernte ist problematisch. Mit Nmin-Werten von deutlich über 50 kg/ha drohen unter den nachfolgenden Kulturen Auswaschungsverluste. Die Verbesserung der N-Effizienz über die Reduktion der Düngung sowie die Steigerung der Erträge ist daher auch im Rapsanbau ein wichtiges Thema. Grundsätzlich sollte der Raps daher in Zukunft möglichst in weiten Fruchtfolgen – optimal nur alle 4 bis 5 Jahre – zum Anbau kommen. 5 dt/ha Mehrertrag reduzieren die N-Bilanz um 17 kg/ha. Hohe Erträge können nur durch den Anbau ertragreicher und gesunder Sorten erzielt werden. Besonders die neueren gesunden Sorten wie u. a. Penn, Nimbus und Bender können dazu einen wichtigen Beitrag leisten.


Fazit

Die Stickstoffbilanz wird über eine gesteigerte N-Effizienz entlastet. Besonders ertragsstarke Sorten über alle Kulturen können hier einen wesentlichen Beitrag leisten – neben einer standortangepassten Fruchtfolgegestaltung und einer bedarfsorientierten Bestandesführung.

 

Dr. Ulrich Lehrke

 

Stand: 24.04.2017