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Mit der Fruchtfolge dem Ackerfuchsschwanz den Garaus machen

Die Hessische Staatsdomäne Maberzell bearbeitet ihre Äcker seit vielen Jahren pfluglos. Ein gravierendes Ackerfuchsschwanzproblem veranlasste den Pächter Joachim Kersten, die Fruchtfolge zu verändern und teilweise auch den Pflug wieder einzusetzen.

Joachim und Lukas Kersten
Joachim und Lukas Kersten
Schon seit rund 140 Jahren bewirtschaftet die Familie Kersten die Hessische Staatsdomäne Maberzell als Pächter. Joachim Kersten, der heutige Betriebsleiter, bildet bereits die vierte Generation in der landwirtschaftlichen Familientradition. Mit seinem Sohn Lukas steht die nächste Generation bereits in den Startlöchern. Der 191 ha große Ackerbaubetrieb liegt in einem Stadtteil von Fulda, der genauso heißt wie die Domäne: Maberzell.

Es gibt bessere Ackerbaustandorte in Deutschland als diesen: Das Klima im Fuldaer Becken ist das ganze Jahr über rau. Im Regenschatten des Vogelsberges muss man mit lediglich 580 mm Niederschlag im fünfjährigen Mittel auskommen. Die Böden sind schwierig und reichen von steinigem Sand über schweren Ton bis zu tonigem Lehm.

Der Betrieb bewirtschaftet seine Ackerflächen schon seit mehr als zehn Jahren überwiegend pfluglos. Ein wichtiger Grund für diese Bearbeitungsform war der hohe Verschleiß an Pflugscharen auf den vielerorts sehr steinigen Flächen. Das Raps- und Getreidestroh wird großteils gehäckselt und mit dem Grubber und der Scheibenegge in den Boden eingearbeitet. Nur bei Bedarf wurde in der Vergangenheit ab und an gepflügt. 

Hier hat Gerste keine Chance. Ackerbauliche Maßnahmen können dazu beitragen, dass dieser Zustand nicht erreicht wird.
Hier hat Gerste keine Chance. Ackerbauliche Maßnahmen können dazu beitragen, dass dieser Zustand nicht erreicht wird.
Die übliche Fruchtfolge der Betriebe in der Region beschränkt sich meistens auf Winterraps, Winterweizen und Wintergerste. Durch die enge Fruchtfolge und aufgrund fehlender Kalkung haben viele Landwirte in der Region mit rückgängigen Rapserträgen zu kämpfen.

Bis vor zwei Jahren setzte Kersten auf die Fruchtfolgen Winterraps – Wintergerste – Winterweizen – Winterweizen bzw. Winterraps – Wintergerste – Wintergerste – Winterweizen. Mit einem nur 25 % Anteil von Winterraps konnten verbreitete Fruchtfolgekrankheiten wie Kohlhernie oder Phoma vermieden werden. Hinzu kommt, dass auf der Domäne Maberzell das Kalken obligatorisch ist. Gut 200 t Carbokalk werden jedes Jahr auf die Felder ausgebracht. Das Resultat dieser Maßnahmen ist ein stabiler Rapsertrag, der seit Jahren beständig über 40 dt/ha liegt.


Ackerfuchsschwanz sorgt für ein Umdenken
Große Probleme mit Ackerfuchsschwanz sorgten schließlich bei Joachim und Lukas Kersten für die Entscheidung, auf eine neue Fruchtfolge umzusteigen. Ein Schlüsselerlebnis war die erfolglose Bekämpfung des Ackerfuchsschwanzes auf einem Schlag im Winterweizen mit drei verschiedenen Herbiziden, die alle keinerlei Wirkung zeigten. Die Untersuchung in einem Labor ergab, dass der Ackerfuchsschwanz vollständig resistent gegen die eingesetzten Wirkstoffe war. „Wir haben uns dann natürlich Gedanken gemacht, wie sich der Ungrasdruck senken und die gesamte Fruchtfolge neu gestalten lässt“, sagt Joachim Kersten.

Eine erweiterte Fruchtfolge, stellenweise Rückkehr zum Pflug und geänderte Saatzeiten sollen für Entspannung an der „Ungrasfront“ sorgen. Die neue Fruchtfolge besteht aus Winterraps, Winterweizen, Winterweizen/Winterroggen sowie aus Wintergerste. Der Winterroggen dient dabei als Gesundungsfrucht. Er wird diese Saison als Alternative zum Stoppelweizen auf 19 ha angebaut.

Auch ist der Betrieb aufgrund des Ackerfuchsschwanzproblems heute zumindest an den Problemstellen wieder zum Pflug zurückgekehrt. „Nach dem Weizen pflügen wir auf Problemstandorten zur Gerste“, erklärt Lukas Kersten. Als weitere mögliche Stellschraube hat man den Aussaattermin des Getreides ausgemacht. Im Herbst 2016 wurde der Winterweizen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gesät: der erste am 17. Oktober und der letzte am 10. November. Die 20 ha Fläche für den zuletzt gesäten Weizen wurden außerdem davor gepflügt. „Den Unterschied merkt man deutlich“, so Joachim Kersten. „Die Erfahrungen bestätigten die Aussage eines Beraters, wonach jede Woche, die man das Getreide ab Anfang Oktober später sät, den Ackerfuchsschwanzbesatz zusätzlich reduzieren soll.“ Wurde früher am 8. September mit der Saat der Wintergerste begonnen, wird jetzt die erste Gerste rund zwei Wochen später ausgebracht. Joachim Kersten: „Wir sind mit dem Ergebnis grundsätzlich zufrieden. Verglichen mit anderen Standorten, auf denen die Gerste früher gesät wurde, ist der Unterschied sichtbar. Auf ein paar Doppelzentner zu verzichten, ist besser, als das Unkraut- und Ungrasproblem mit Pflanzenschutzmitteln nicht mehr in den Griff zu bekommen.“


Mehr Bodenbearbeitung statt Glyphosat
Der Einsatz von Glyphosat kommt für die Kerstens grundsätzlich nicht infrage. „Wir verzichten ganz auf Glyphosat und fahren lieber ein, zwei Bodenbearbeitungsgänge mehr“, betont Lukas Kersten. Der Boden wird in der Regel mit der Scheibenegge und dem Grubber schwarz gemacht. „Der Verzicht auf zu viel Pflanzenschutzmittel ist auch gut für die Öffentlichkeitsarbeit“, ergänzt er. Apropos Öffentlichkeitsarbeit: Sie ist eine Herzensangelegenheit von Vater und Sohn. Den Dialog mit Fußgängern oder Fahrradfahrern „vom Trecker aus“ führen beide gerne und selbstbewusst. Die Domäne Maberzell düngt Stickstoff ausschließlich mittels AHL. Lukas Kersten nennt die Gründe: „Die Flüssigdüngung ist am exaktesten, es gibt keine Streifen und im Graben oder auf der Straße sind keine Düngerkörner zu sehen. Zudem hat AHL auch eine leicht ätzende Wirkung und damit fungizide Wirkung auf dem Blatt.“


Ackerbohnen auf ökologischen Vorrangflächen
Die geforderten 5 % der Ackerflächen als ökologische Vorrangflächen (ÖVF) werden 2016 mit 10 ha Ackerbohnen Fuego abgedeckt. Die Ackerbohnen stehen auf einer Fläche, die zuvor Dauerbrache war. Um der Verunkrautung auf der Brache ein Ende zu bereiten, entschied sich Joachim Kersten für eine Grobleguminose: „Die Ackerbohnen sind für den Boden besser. Hinzu kommt noch ihr Vorfruchtwert.“

Noch schwebt aber über dem Anbau von Ackerbohnen das Damoklesschwert eines möglichen Pflanzenschutzmittelverbotes für großkörnige Leguminosen auf ÖVF. Für Joachim Kersten ist eine Herbizidbehandlung im Frühjahr in der Kultur unverzichtbar. Sollten Pflanzenschutzmittel zu Ackerbohnen auf ÖVF verboten werden, wird die Domäne Maberzell auf diesen Flächen voraussichtlich alternativ zur Körnerleguminose einen mehrjährigen Kleegrasbestand etablieren, der wenig Pflege benötigt und einen sauberen Eindruck hinterlässt. „Eigentlich wollen wir aber lieber bei der Ackerbohne bleiben, um Struktur in unsere schweren Böden zu bekommen“, sagt Joachim Kersten.

Die Ackerbohnen tragen durch ihre spätere Ernte außerdem dazu bei, die Arbeitsspitzen zur Getreideernte etwas zu kappen. Dieser Effekt wird sich noch verstärken, falls künftig der Körnermais als weitere Sommerung hinzukommt. Die Fruchtfolge des Betriebes würde damit um ein weiteres Glied erweitert. 2017 wird die Domäne Maberzell erstmals Körnermais nach Wintergerste – zunächst auf 5 ha – anbauen.

Bei guten Erfahrungen ist geplant, die Anbaufläche im Folgejahr merklich auszudehnen. Die greeningfähige Zwischenfrucht vor dem Körnermais soll dann zusätzlich als ÖVF mit angerechnet werden. Eine noch weitere deutliche Ausdehnung des Körnermaisanbaus auf den Flächen der Domäne Maberzell ist nicht ausgeschlossen. „Wir wollen uns hier aber erst einmal langsam herantasten“, erklärt Joachim Kersten.

Das erklärte Ziel von Vater und Sohn ist es, in den nächsten Jahren noch weiter die Kosten für Pflanzenschutz und Arbeit zu senken, ohne dabei auf Ertrag zu verzichten.

 

Dr. Holger Walch

 

Stand: 28.04.2017